Offene Lehre: Darum sind didaktische Templates und LMS ein gutes Team

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Didaktische Templates tragen grundsätzlich dazu bei, Lernmanagementsysteme (LMS) offener zu gestalten, indem sich Lehrende ihre Kursgestaltung gegenseitig zur Verfügung stellen und darüber austauschen können — ganz im Sinne von OER. Zwei Mehrwerte ergeben sich aus der Kombination didaktischer Templates und LMS. Darum haben wir uns bei twillo entschlossen, selbst Templates für didaktische Lehr-Lern-Konzepte bereitzustellen.

Ein Artikel von Aliki Kaiser

Veranstaltung gemeinsam erstellen

Bild von Sarah Brockmann, CC 0 (1.0)

Bevor wir zu den Mehrwerten für den Einsatz didaktischer Templates in Lernmanagementsystemen (LMS) kommen, unterziehen wir die relevanten Begriffe OER, didaktische Templates und LMS einer genaueren Betrachtung.

OER

Open Educational Resources (OER) sind Bildungsmaterialien, deren entscheidendes Merkmal ihre offene Lizenzierung ist, die zur Nachnutzung und meistens auch zur Anpassung und Weiterentwicklung einlädt. Materialien mit hoher Granularität wie ganze Kurse offen zu lizenzieren bedeutet nicht, den Zugang zu durchgeführten Kursen und damit das Kursgeschehen (von Personendaten bis hin zu Kommunikationsinhalten) öffentlich zu machen. Es sei denn, der Kurs wird bewusst als MOOC angeboten. Die offene Bereitstellung bezieht sich vielmehr auf die Lerneinheiten.

Didaktische Templates

Anders als konkrete Kursvorlagen, die auf spezifische Themen und Zielgruppen zugeschnitten sind, sind didaktische Kursvorlagen rein methodisch-didaktisch vorangelegte Kursstrukturierungen, die ausgewählten spezifischen Lehr- und Lernkonzepten folgen. Über die Importfunktion können sie in digitale Kursumgebungen eines Lernmanagementsystems implementiert werden.

Während die meisten LMS eine Wochenstruktur oder eine Themenstruktur anbieten, bilden die Templates die jeweiligen didaktischen Konzepte ab, die meist in Phasen oder Schrittfolgen aufgebaut sind und dementsprechend in der LMS-Kursumgebung angelegt wurden.

Die Kursvorlagen enthalten vorangelegte Abschnitte. Im Lehrkonzept Forschendes Lernen wird der Forschungsprozess in acht Phasen unterteilt, für die jeweils ein Abschnitt im Kursbereich des LMS vorgesehen ist. Gleiches gilt für die sieben Schritte der Problembearbeitung in der Kursvorlage Problembasiertes Lernen. Diese Kursvorlagen helfen, den Kursbereich methodisch zu strukturieren, müssen aber von Lehrenden noch mit Inhalten gefüllt werden.

Die angelegten Kursvorlagen müssen dabei nicht 1:1 genutzt, sondern können nach inhaltlichem Bedarf oder durch Nutzung spezifischer Funktionen des jeweiligen LMS individuell angepasst und durch interaktive Elemente, Medien oder Aufgaben ergänzt werden.

Die Einsatzmöglichkeiten sind genauso vielfältig wie es die inhaltliche Ausgestaltung seitens der Dozierenden sein kann. Die Kursvorlagen können entweder für reine Online-Settings genutzt werden, um den Studierenden Inhalte und Aufgaben zu hinterlegen sowie unter den Studierenden kollaborative Zusammenarbeit zu ermöglichen; sie können aber auch als Begleitstruktur für die reguläre Präsenzveranstaltung zum Einsatz kommen, Orientierung bieten und den Lernprozess zusätzlich steuern. Auch im Kontext des Blended-Learning können Vorlagen eingesetzt werden – hier wandelt sich das Lernmanagementsystem von der PDF-Wüste zum digitalen Lernort für asynchrone und synchrone Phasen und eröffnet damit einen weiteren konkreten Lehr- und Lernraum für die Lernenden.

Didaktische Kursvorlagen verbinden LMS und OER: Denn zum einen sind die (von twillo bereitgestellten) Templates selbst offene Materialien, die den inviduellen Anliegen und konkreten Fällen, d.h. den Studierenden entsprechend angepasst werden können. Zum anderen kann jede:r Kurse selbst anderen Lehrenden zur Verfügung zu stellen — nicht zuletzt nach dem Motto „Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden“.

LMS

Lernmanagementsysteme (LMS) sind aus Hochschule und Lehre nicht mehr wegzudenken. Als Schnittstelle zwischen Lehre und Verwaltung bündeln sie essentielle Funktionen des Lehr-Lern-Geschehen: von der Bereitstellung der Lernmaterialien über die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden sowie der Studierenden untereinander bis hin zur Lehrorganisation. In Lehr-Lern-Szenarien wie dem Flipped Classroom können sie dazu genutzt werden, Lernenden Materialien für die der Kontaktphase vorhergehende Lernphase bereitzustellen. Und dieses Selbstlernen kann im didaktischen Sinne gestärkt werden, indem über bloße PDFs hinaus auch interaktive Facetten von LMS (wie Aufgaben und Quiz) genutzt werden. Kurzum: LMS haben sich unverzichtbar gemacht.

Die meisten Hochschulen nutzen eines der verbreitetsten LMS wie Moodle, ILIAS oder Stud.IP. Mit Blick auf Offene Bildung und Offene Bildungsmaterialien lässt sich eine leider immer noch weitgehende Geschlossenheit von LMS bemängeln (Geschlossenheit im Hinblick auf 1. fehlende oder geringe Zugangsmöglichkeiten für Personen, die nicht der Hochschule angehören, und 2. mangelhafte Möglichkeiten des Imports und Exports von Bildungsmaterialien). Die Ursache hierfür dürften technischer und sozialer Art sein.

Technisch: Nur ein kleiner Teil der Moodle-, ILIAS- und Stud.IP-Instanzen ermöglicht ihren Lehrenden die Möglichkeit zur offenen Bereitstellung ihrer Materialien – v.a. mit öffentlichen Bereichen oder bei Stud.IP jetzt mit der Anbindung an twillo. Das ist bedauerlich, da Lehrende ihre Lehr-Lern-Materialien innerhalb der LMS durchaus im oben skizzierten Sinne offen lizenzieren können und einer Veröffentlichung als OER somit eigentlich nichts im Wege stünde. Jedoch können in einem geschlossenen LMS eben auch auf Materialien mit offener Lizenz weiterhin nur Personen zugreifen, die in der Veranstaltung eingeschrieben oder zumindest Angehörige der jeweiligen Hochschule sind. Zweifellos spielen hier Datenschutzprobleme mit hinein, für die aber z.B. über die Anbindung an OER-Portale Lösungen gefunden werden. So mehren sich in der letzten Zeit glücklicherweise die Bestrebungen hin zu mehr Offenheit bei Zugriff und Nachnutzbarkeit.

Sozial: Erfahrungsgemäß nutzen Lehrende an Hochschulen, welche in ihrem LMS die Möglichkeit zur öffentlichen Bereitstellung der Materialien ermöglichen, diese Möglichkeit bislang nur in sehr begrenztem Umfang. Neben dem Aufwand, der mit der öffentlichen Bereitstellung verbunden wird, besteht ein weiterer Grund sicherlich darin, dass Kulturen des Teilens immer noch keinen großen Teil der Lehrenden hinter sich vereinen. Oft scheint noch ein quasi-materielles Verständnis von Bildung vorzuherrschen, demzufolge der Zugang zum Material erschwert wird, damit sich niemand mit ‚fremden Federn‘ schmücken kann. Dabei sieht die Idee Offener Lehre durchaus vor, urhebende Personen anzugeben und damit an bekannte Verfahren des Zitierens anzuschließen. Der große Vorteil von OER ist vielmehr, dass entsprechende Materialien direkt bearbeitet, an die eigenen Bedarfe angepasst und weiterentwickelt werden können — idealerweise ganz einfach, da sie in offenen Dateiformaten bereitgestellt werden, z.B. .docx zusätzlich zur PDF.

Mehrwerte

Vor diesem Hintergrund sehen wir bei twillo zwei gute Gründe darin, die didaktischen Kursvorlagen für Lehrende bereitzustellen:

  1. Lehrende über Möglichkeiten der Lehre informieren und ermuntern, neue oder didaktisch sinnvolle Wege zu beschreiten
    Mit den von uns erstellten didaktischen Templates zu erprobten Lehr-Lern-Konzepten (u. a. Forschendes Lernen und Problemorientiertes Lernen), die eine Vielzahl an didaktischen Hinweisen zu Aufbau, Methoden und Materialien enthalten, wollen wir zunächst auf die Möglichkeit des öffentlichen Bereitstellens von im LMS erstellten Kursvorlagen aufmerksam machen. Vielen Lehrenden dürfte die Option nicht bekannt sein oder sie haben sich im Dauerzustand hoher Arbeitsbelastung bisher nicht näher damit befasst.
    Wir teilen unsere nach bestem Wissen erarbeiteten, aber zweifelsohne nicht perfekten Templates im Geiste einer positiven Fehlerkultur und sind davon überzeugt, dass sie von den konstruktiven Rückmeldungen und Optimierungsvorschlägen sehr profitieren. Vielleicht tragen sie ein Stück weit dazu bei, unentschlossene Lehrende, die sich bislang noch nicht dazu durchringen konnten, Materialien „hinaus in die Welt“ zu geben, zu ermutigen, genau dies zu tun.

  2. Arbeit für Lehrende erleichtern
    In jedem LMS werden den Lehrenden als Unterstützung für die Gestaltung ihrer Lehrveranstaltung bestimmte Bausteine (Inhaltselemente) angeboten. Die konkrete Ausgestaltung obliegt den Lehrenden selbst. Bislang gibt es keine Templates für ganze Lehr-Lern-Konzepte, die Vorschläge für z.B. Strukturierung, Methoden und Aufgaben enthalten und somit insbesondere Lehreinsteiger:innen ein didaktisch sinnvolles Grundgerüst für die Kursgestaltung anbieten, zumindest aber zur Orientierung dienen können.
    Twillo will mit den didaktischen Templates einen ersten Schritt machen, um diese Lücke zu füllen. Ganz im Sinne sowohl des OER-Gedankens als auch konkreter Lehr-Lern-Situationen sind die didaktischen Templates individuell anpassbar (z.B. können Abfolge und Umfang einfach verändert werden und das Einfügen eigener fachlicher Inhalte ist in der Vorlage ausdrücklich vorgesehen).

Sollen nicht nur einzelne Materialien, sondern ganze Kurse offen lizenziert geteilt werden, stellen sich Nachnutzenden spezifische Fragen nach Einschätzbarkeit und Nachnutzbarkeit der Kurse: Wie können am Kurs interessierte Lehrende eine Voransicht des Kurses bekommen, um genauer beurteilen zu können, ob er für ihre Bedarfe geeignet ist? Denn der Weg, den Kurs abspeichern zu müssen und in die eigene Veranstaltung hochladen zu müssen, um die Einschätzung vornehmen zu können, ist sehr umständlich. Einige Moodle- und ILIAS-Instanzen ermöglichen es, u.a. für diesen Zweck Kurse öffentlich zu schalten. Für die große Mehrheit bieten wir bei twillo mit unseren Templates einen pragmatischen anderen Weg: Wir stellen zu jedem Templates zusätzlich eine Ansichtsdatei der wesentlichen Inhalte bereit (hier am Beispiel der Kursvorlage Forschendes Lernen).

Die Idee der hochschulübergreifenden wechselseitigen Nachnutzung und Weiterentwicklung von didaktischen Templates steht vor einem weiteren technischen Problem, nämlich der mangelhaften Kompatibilität der in den jeweiligen LMS erzeugten Dateiformate mbz (Moodle), SCORM (ILIAS) und XML (Stud.IP). Das Problem können wir leider nicht grundsätzlich, aber zumindest für die von uns bereitgestellten Templates beseitigen, indem wir jedes Template für alle drei Systeme (zzgl. LiaScript) anbieten.

Unser Fazit

Didaktische Templates verbinden LMS und OER: LMS stellen ein unverzichtbares Instrument für den Lehrkontext dar. Didaktische Templates sind didaktisch-strukturierte Kursvorlagen für Lernumgebungen, die didaktische Modelle bzw. Lehr- und Lernszenarien abbilden. OER sind Bildungsmaterialien, die unter einer offenen Lizenz stehen und Anpassungen unter Bedingungen ausdrücklich erlauben (CC 0, CC BY).

Als OER veröffentlichte, d.h. nicht nur innerhalb des LMS zugängliche, didaktische Templates können dazu beitragen, Lehrende zu entlasten, zu inspirieren, noch stärker in den Austausch zu bringen und Lehre damit ein Stück weit besser zu machen.
Die Kursvorlagen können auch als Unterstützung bei der Erstellung eigener OER herangezogen werden. Neuentstandene Kurse können natürlich gerne auf twillo als OER veröffentlicht werden.

Lust aufs Teilen bekommen? Mit allen Fragen rund um OER und die Bereitstellung von LMS-Kursen können Sie sich gerne an unseren Support wenden oder in die offene Sprechstunde, den twillo-thursday, kommen.